Zum gleichen Thema ein längerer Text mit Erläuterungen

Irene Nickel

Jesus – ein Muster an Nächstenliebe?

Wenn Christen etwas Gutes über Jesus sagen wollen,
dann sprechen sie gern von der Nächstenliebe.
Und gewiss war die Nächstenliebe
ein wichtiger Bestandteil von Jesu Predigt.

Aber wie sieht es damit in der Praxis aus?
Was lesen wir darüber in den Evangelien?

       Familien wurden auseinandergerissen,
die Beziehungen zu Angehörigen wurden missachtet –
eine Haltung und eine Praxis,
wie sie in vielen Sekten üblich ist. 1

Jesus selbst verhielt sich so
gegenüber seiner Mutter und seinen Brüdern:
als er hörte, dass sie mit ihm sprechen wollten,
erwiderte er:
„Wer ist meine Mutter, und wer sind meine Brüder?“,
und, auf seine Jünger weisend:
„Siehe da, das ist meine Mutter und meine Brüder!“
      (Matthäus 12, 46-50)

       Jesus hegte und predigte maßlose Strafphantasien:
Vielen, ja den meisten Menschen
würde eine furchtbare Strafe bevorstehen:
     (Matthäus 7, 13-14)
ewige Folter in ewigem Feuer.
     (Matthäus 25, 41-46)

Eine solche Strafe wäre nicht nur extrem grausam,
sie wäre auch extrem ungerecht,
denn sie stünde auch in keinem Verhältnis zur Schuld
all der vielen Menschen.

Mit dieser Lehre hat Jesus
viele Christen in größte Angst versetzt.
Bis in die heutige Zeit hinein.
Dazu schreibt der Psychologe Prof. Franz Buggle:
„... es gibt kaum ein anderes psychologisches Phänomen
wie dasjenige der Drohung mit ewig dauernden Qualen,
das so sehr den Namen psychischen Terrors verdiente!“
     (Denn sie wissen nicht, was sie glauben, S. 121,
     Hervorhebung von Buggle)

       Jesus schürte religiösen Fanatismus.

Strafphantasien und Fanatismus hängen zusammen:
Religiöser Fanatismus begünstig den Hass
auf Ungläubige und Andersgläubige
und damit die Neigung zu Strafphantasien –
und andererseits begünstigt die Vorstellung,
dass Ungläubige und Andersgläubige furchtbar bestraft würden,
den religiösen Fanatismus in doppelter Weise:
Zum einen ist es nur ein kleiner Schritt
von der Überzeugung,
dass diese Menschen (von Gott!) furchtbar bestraft würden,
zu der Überzeugung,
dass sie diese furchtbare Strafe verdient hätten.
Zum anderen kann der Gedanke an die furchtbaren Strafen
Menschen dazu verleiten, es geradezu für ihre Pflicht zu halten,
jeden zu bekämpfen,
der von ihrem religiösen Glauben abweicht
und andere dazu verführen könnte, es ihm nachzutun.
Die Geschichte des „christlichen Abendlandes“
ist voll von Beispielen dieses religiösen Fanatismus,
von Glaubenskriegen und von Morden an Ketzern und „Hexen“.

       Zur Behandlung von Krankheiten
praktizierte und predigte Jesus die Methoden von Scharlatanen.
Noch heute sterben Menschen,
weil sie christlichen Scharlatanen vertrauen,
statt Hilfe bei fachkundigen Ärzten zu suchen.
Besonders tragisch ist es, wenn Kinder sterben,
weil ihre Eltern mehr auf Jesus und andere Scharlatane hören
als auf fachkundige Ärzte.

       In blindem Glauben an absurde Naherwartungs-Phantasien
ging Jesus so weit, seinen Anhängern zu erklären,
um Nahrung und Kleidung
brauchten sie sich keine Sorgen mehr zu machen;
alles Nötige würde ihnen zufallen,
wenn sie nur nach dem Reich Gottes trachteten
und nach „seiner Gerechtigkeit“.
     (Matthäus 6, 25-34)

Mit solchen Sprüchen setzte Jesus seine Anhänger
grob fahrlässig dem Risiko aus,
in ernste Schwierigkeiten zu geraten,
vielleicht sogar in bittere Armut.

       Jesus war lieblos genug,
um seine Zuhörer ohne irgendeinen konkreten Grund
als „böse“ zu bezeichnen.
     (Lukas 11, 13)

       Jesus war lieblos genug, um eine kanaanäische Frau,
die ihn um Hilfe für ihre kranke Tochter gebeten hatte,
aufs Übelste zu beleidigen:
sie und ihre Tochter verglich er mit Hunden,
und das sagte er ihr auch noch ins Gesicht.
     (Matthäus 15, 26)

Für den Umgang mit Ausländern
wünschen wir uns bessere Vorbilder als Jesus.
Dabei Liebe zu erwarten, ist vielleicht weltfremd –
aber Fairness und Höflichkeit sollten selbstverständlich sein.

Einen unüberbietbaren Beweis der Liebe Jesu zu den Menschen
sehen viele Christen jedoch darin, dass Jesus „sein Leben für uns gab“:

Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen,
um sich dienen zu lassen,
sondern um zu dienen
und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele.
     (Markus 10,45)

Ich bin der gute Hirt.
Der gute Hirt gibt sein Leben hin für die Schafe.
... und ich gebe mein Leben hin für die Schafe..
     (Johannes 10,11-15)

Es gibt keine größere Liebe,
als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt.
     (Johannes 15,13)

Dass der historische Jesus
so etwas gesagt oder auch nur gedacht haben könnte,
ist vielfach bezweifelt worden.

Und wenn er es doch gesagt hätte?
Dann hätte er eine Theologie verkündet,
die ebenso absurd wie bedrückend ist.

Absurd,
weil ein allmächtiger Gott die Möglichkeit gehabt hätte,
sich mit den Menschen zu versöhnen,
ohne dass ein solches Opfer Jesu nötig gewesen wäre.
Es wäre auch nicht erforderlich gewesen,
um der Gerechtigkeit Genüge zu tun;
im Gegenteil, die „Bestrafung“ eines Unschuldigen
wäre nur neues Unrecht gewesen.
Und dass es geeignet gewesen sein könnte, Gottes Zorn abzuwenden,
das treibt die Absurdität auf die Spitze:
Über den Foltertod des eigenen Sohnes
wäre ein halbwegs normaler Gott erst recht zornig geworden.

Bedrückend
ist diese Theologie, weil sie den Gläubigen,
der auf ein solches Opfer angewiesen zu sein meint,
für den Foltertod eines Unschuldigen verantwortlich macht.
Weil das jeden anständigen Menschen
zutiefst betrüben muss.
Und weil das Bewusstsein,
dass man mit jedem Fehlverhalten
mitverantwortlich für diesen Foltertod werde,
einen Menschen dazu verleiten kann,
sich aus den geringsten Anlässen
mit den schwersten Schuldgefühlen zu quälen.

Diese absurde und bedrückende Botschaft Jesu
ist, bestenfalls, ein Ausdruck von fehlgeleiteter Nächstenliebe.
Sie ist kein Ausdruck einer Nächstenliebe,
die ihr Ziel erreicht, das Wohlergehen des Nächsten zu fördern.
Sie ist kein Grund zur Freude.

Braunschweig, den 23. Oktober 2009

Irene Nickel
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Anmerkung:
Hier habe ich mich bemüht, mich kurz zu fassen –
und so würde es mich nicht wundern,
wenn jemand einiges für erklärungsbedürftig hält.
Deshalb habe ich zum gleichen Thema
einen längeren Text geschrieben,
in dem ich meine Aussagen ausführlich erläutert habe
und auch eine Reihe von weiteren Quellenangaben gemacht habe.
Diesen längeren Text habe ich mit einem Inhaltsverzeichnis versehen.
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1 Laut Bibel sagte Jesus:

Denn ich bin gekommen,
den Menschen zu entzweien mit seinem Vater
und die Tochter mit ihrer Mutter
und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter.
Und des Menschen Feinde werden seine eigenen Hausgenossen sein.
Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich,
der ist meiner nicht wert;
und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich,
der ist meiner nicht wert.
      (Matthäus 10,35-37, Übersetzung nach Luther)

Und wer Häuser oder Brüder oder Schwestern
oder Vater oder Mutter oder Kinder oder Äcker
verlässt um meines Namens willen,
der wird's hundertfach empfangen und das ewige Leben ererben.
      (Matthäus 19,29, Übersetzung nach Luther)

Wenn jemand zu mir kommt
und hasst nicht seinen Vater, Mutter, Frau, Kinder, Brüder, Schwestern und dazu sich selbst,
der kann nicht mein Jünger sein.
      (Lukas 14,26, Übersetzung nach Luther)

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