Bibelkritik – geschrieben am 15. Dezember 2004

Irene Nickel

Die Bibel – ein inhumanes Buch

Ein hartes Urteil über ein Buch, das viele ganz anders beschreiben würden:
Es verkünde die frohe Botschaft von einem gütigen und gerechten Gott
und rufe die Menschen zur Nächstenliebe auf.

Tatsächlich heißt es in der Bibel, Gott sei „gütig“ und „gerecht“
(z. B. in Psalm 135, 3 bzw. in Deuteronomium = 5. Mose 32, 4).
Und das Gebot der Nächstenliebe
findet sich im Alten Testament (Levitikus = 3. Mose 19, 18)
wie im Neuen Testament (Markus 12, 31; Matthäus 19, 19; Lukas 10, 27).

Aber: „Die Wahrheit ist immer konkret“, bemerkte Lenin.
„Oft steckt der Teufel im Detail“, sagt der Volksmund.
Und da hat die Bibel es in sich.
Sie enthält so manches,
was weder zum Gebot der Nächstenliebe passt
noch zu der Vorstellung von einem gütigen und gerechten Gott.

Übersicht:

Im Einzelnen:

Aufrufe zum Massenmord

„Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“,
„Du sollst nicht töten“ bzw. „Du sollst nicht morden“ (je nach Übersetzung),
das sind Gebote aus der Bibel, die allgemein bekannt sind.

Daraus sollte eigentlich folgen,
dass Angriffskriege verboten sind,
und Massaker an der Bevölkerung besiegter Städte ebenso.

Aber in der Bibel steht es anders,
da wird geradezu aufgerufen zu

Angriffskrieg und Völkermord
Deuteronomium = 5. Mose 20, 10-18:

10 Wenn du vor eine Stadt ziehst, um sie anzugreifen, dann sollst du ihr zunächst eine friedliche Einigung vorschlagen.

11 Nimmt sie die friedliche Einigung an und öffnet dir die Tore, dann soll die gesamte Bevölkerung, die du dort vorfindest, zum Frondienst verpflichtet und dir untertan sein.

12 Lehnt sie eine friedliche Einigung mit dir ab und will sich mit dir im Kampf messen, dann darfst du sie belagern.

13 Wenn der Herr, dein Gott, sie in deine Gewalt gibt, sollst du alle männlichen Personen mit scharfem Schwert erschlagen.

14 Die Frauen aber, die Kinder und Greise, das Vieh und alles, was sich sonst in der Stadt befindet, alles, was sich darin plündern lässt, darfst du dir als Beute nehmen. Was du bei deinen Feinden geplündert hast, darfst du verzehren; denn der Herr, dein Gott, hat es dir geschenkt.

15 So sollst du mit allen Städten verfahren, die sehr weit von dir entfernt liegen und nicht zu den Städten dieser Völker hier gehören.

16 Aus den Städten dieser Völker jedoch, die der Herr, dein Gott, dir als Erbbesitz gibt, darfst du nichts, was Atem hat, am Leben lassen.

17 Vielmehr sollst du die Hetiter und Amoriter, Kanaaniter und Perisiter, Hiwiter und Jebusiter der Vernichtung weihen, so wie es der Herr, dein Gott, dir zur Pflicht gemacht hat,

18 damit sie euch nicht lehren, alle Gräuel nachzuahmen, die sie begingen, wenn sie ihren Göttern dienten, und ihr nicht gegen den Herrn, euren Gott, sündigt.

Aufruf zum (10-12) Angriffskrieg und zum (16) Völkermord,
und das aus (18) religiösen Gründen!
Ein offensichtliches Unrecht ist es, wozu der Gott der Bibel aufruft,
und von einer Grausamkeit,
die nicht einmal vor kleinen Kindern Halt macht.

Die Bibel berichtet nicht nur von solchen Worten,
sie erzählt auch davon,
wie diese Worte in die Tat umgesetzt worden sein sollen.
1
Zum Beispiel beim

Vernichtungskrieg
zur Eroberung des „verheißenen Landes“ unter Josua,

beschrieben im Buch Josua ab Kapitel 6.
Zuerst traf es Jericho:
Auf „göttlichen“ Befehl hin
griffen Josua und seine Israeliten die Stadt an und eroberten sie,
angeblich unter spektakulären Umständen,
die noch heute von Christen besungen werden:
Joshua fit the battle of Jericho, ...and the walls came tumbling down.“
Nach dem Sieg
richteten Josua und seine Leute ein Blutbad an,
dem nahezu die gesamte Bevölkerung zum Opfer fiel:
„Männer und Frauen, Kinder und Greise, Rinder, Schafe und Esel“
(Josua 6, 21);
alle mit Ausnahme der Kollaborateurin Rahab und ihrem Haus.

Nicht besser erging es den Städten,
die danach von Josua und seiner Horde von Israeliten angegriffen wurden:
Ai, Makkeda, Libna, Lachisch, Eglon, Hebron, Debir;
überall wurde nach dem Sieg die gesamte Bevölkerung hingemordet.

Ein abschließender Kommentar in Josua 11, 14-15:

Den ganzen Besitz aus diesen Städten und das Vieh nahmen die Israeliten für sich, die Menschen aber erschlugen sie alle mit scharfem Schwert und rotteten sie völlig aus. Niemand ließen sie am Leben.

Wie der Herr es seinem Knecht Mose befohlen hatte, so hatte es Mose Josua befohlen und so führte Josua es aus: Er unterließ nichts von all dem, was der Herr dem Mose befohlen hatte.

Der Vernichtungskrieg unter Saul gegen die Amalekiter
wird „gerechtfertigt“ als Vergeltung für ein Ereignis,
das zu der Zeit, als Saul König war, gut zwei Jahrhunderte zurücklag.
1. Samuel 15, 1-3:

Samuel sagte zu Saul: Der Herr hatte mich gesandt, um dich zum König seines Volkes Israel zu salben. Darum gehorche jetzt den Worten des Herrn!

So spricht der Herr der Heere: Ich habe beobachtet, was Amalek Israel angetan hat: Es hat sich ihm in den Weg gestellt, als Israel aus Ägypten heraufzog.

Darum zieh jetzt in den Kampf und schlag Amalek! Weihe alles, was ihm gehört, dem Untergang! Schone es nicht, sondern töte Männer und Frauen, Kinder und Säuglinge, Rinder und Schafe, Kamele und Esel!

Nach diesem „gottgewollten“ Krieg kam es zum „gottgewollten“ Massaker,
1. Samuel 15, 8:

Agag, den König von Amalek, brachte er lebend in seine Gewalt; das ganze Volk aber weihte er mit scharfem Schwert dem Untergang.

Daraufhin fiel Saul bei seinem Gott in Ungnade.
Aber nicht etwa wegen des Massenmordes.
Sondern weil Saul und seine Leute nicht genug getötet hatten:
den König von Amalek nicht und einen großen Teil des Viehs auch nicht.

Die Massenmorde Davids nach einem Sieg
waren nicht ganz so konsequent – 2. Samuel 8,2:

Auch die Moabiter schlug er. Sie mussten sich nebeneinander auf die Erde legen, und er maß die Reihe mit einer Messschnur ab: jeweils zwei Schnurlängen wurden getötet, und jeweils eine Schnurlänge ließ er am Leben. ...

In diesem Fall schien es „den Herrn“ weniger zu stören;
2. Samuel 8,6:

... Der Herr half David bei allem, was er tat.

Der Angriffskrieg unter Mose gegen die Midianiter
wird, ebenso wie der Krieg Sauls, mit der „Rache des Herrn“ begründet:

Numeri = 4. Mose 25, 17-18:

Greift die Midianiter an, und schlagt sie;

denn auch sie haben euch arglistig angegriffen, als sie euch mit Pegor und mit ihrer Schwester Kosbi überlisteten ...

Numeri = 4. Mose 31, 1-3:

Der Herr sprach zu Mose:

Nimm für die Israeliten Rache an den Midianitern! ...

Da redete Mose zum Volk und sagte: Rüstet einen Teil eurer Männer für den Heeresdienst! Sie sollen über Midian herfallen, um die Rache des Herrn an Midian zu vollstrecken.

„Rache“ wofür? Worin bestand der „arglistige Angriff“ der Midianiter?
Numeri = 4. Mose 25, 1-3:

Als sich Israel in Schittim aufhielt, begann das Volk mit den Moabiterinnen Unzucht zu treiben.

Sie luden das Volk zu den Opferfesten ihrer Götter ein, das Volk aß mit ihnen und fiel vor ihren Göttern nieder.

So ließ sich Israel mit Baal-Pegor ein. Da entbrannte der Zorn des Herrn gegen Israel

Keine „Arglist“, keine Feindseligkeit der Midianiter war es,
von der sich der Gott der Bibel zur „Rache“ reizen ließ –
es war ihre gastfreundliche Einladung zu gemeinsamen religiösen Ritualen!

Beim Massenmord nach dem Sieg
gingen die Israeliten noch nicht ganz so gründlich vor
wie unter Josua und unter Saul.
Das Kriegsvolk hatte zunächst „nur“ alle Männer getötet.
Aber das genügte dem Propheten nicht.
Numeri = 4. Mose 31, 14-18:

Mose aber geriet in Zorn ...

Er sagte zu ihnen: Warum habt ihr alle Frauen am Leben gelassen?

Gerade sie haben auf den Rat Bileams hin die Israeliten dazu verführt, vom Herrn abzufallen und dem Pegor zu dienen, so dass die Plage über die Gemeinde des Herrn kam.

Nun bringt alle männlichen Kinder um und ebenso alle Frauen, die schon einen Mann erkannt und mit einem Mann geschlafen haben.

Aber alle weiblichen Kinder und die Frauen, die noch nicht mit einem Mann geschlafen haben, lasst für euch am Leben.

Das Massaker nach dem Tanz ums goldene Kalb
ist ein Beispiel dafür, wie die Bereitschaft zum „gottgewollten“ Massenmord
nicht einmal vor den eigenen Leuten Halt macht.
Exodus = 2. Mose 32,26-28:

Mose trat an das Lagertor und sagte: Wer für den Herrn ist, her zu mir! Da sammelten sich alle Leviten um ihn.

Er sagte zu ihnen: So spricht der Herr, der Gott Israels: Jeder lege sein Schwert an. Zieht durch das Lager von Tor zu Tor! Jeder erschlage seinen Bruder, seinen Freund, seinen Nächsten.

Die Leviten taten, was Mose gesagt hatte. Vom Volk fielen an jenem Tag gegen dreitausend Mann.

Das sind nur einige besonders erschreckende Beispiele dafür,
wie die Bibel Massenmord als gottgewollt hinstellt.
Die Reihe ließe sich fortsetzen.

Exzessiver Gebrauch der Todesstrafe

„Die Todesstrafe ist abgeschafft“,
so heißt es im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland (Artikel 102).
Aus guten Gründen.

Die Bibel aber fordert die Todesstrafe.
Nicht nur für Mord und ähnlich schwere Verbrechen,
auch für allerlei anderes,
vor allem für unerwünschte Religionsausübung
und für unerwünschtes Sexualverhalten.

Die Todesstrafe
für die Verehrung anderer Götter,
für Widerspenstigkeit gegenüber den Eltern,
für Ehebruch und für Homosexualität –
diese Forderungen der Bibel
sind nichts anderes als Aufforderungen zum Mord:

Verehrung anderer Götter: Tod durch Steinigung
Deuteronomium = 5. Mose 17, 2-5:

Wenn in deiner Mitte, in einem der Stadtbereiche, die der Herr, dein Gott, dir gibt, ein Mann – oder auch eine Frau – lebt, der tut, was in den Augen des Herrn, deines Gottes, böse ist, und sich über seinen Bund hinwegsetzt,

wenn er hingeht, anderen Göttern dient und sich vor ihnen niederwirft – und zwar vor der Sonne, dem Mond oder dem ganzen Himmelsheer, was ich verboten habe -,

wenn dir das gemeldet wird, wenn du den Fall anhängig machst, genaue Ermittlungen anstellst und es sich zeigt: Ja, es ist wahr, der Tatbestand steht fest, dieser Gräuel ist in Israel geschehen!,

dann sollst du diesen Mann oder diese Frau, die den Frevel begangen haben, den Mann oder die Frau, zu einem deiner Stadttore führen und steinigen, und sie sollen sterben.

Verleitung zur Verehrung anderer Götter:
Denunziation und Mord an nahen Verwandten
Deuteronomium = 5. Mose 13, 7-11:

7 Wenn dein Bruder, der dieselbe Mutter hat wie du, oder dein Sohn oder deine Tochter oder deine Frau, mit der du schläfst, oder dein Freund, den du liebst wie dich selbst, dich heimlich verführen will und sagt: Gehen wir, und dienen wir anderen Göttern ...,

9 dann sollst du nicht nachgeben und nicht auf ihn hören. Du sollst in dir kein Mitleid mit ihm aufsteigen lassen, sollst keine Nachsicht für ihn kennen und die Sache nicht vertuschen.

10 Sondern du sollst ihn anzeigen. Wenn er hingerichtet wird, sollst du als erster deine Hand gegen ihn erheben, dann erst das ganze Volk.

11 Du sollst ihn steinigen, und er soll sterben; denn er hat versucht, dich vom Herrn, deinem Gott, abzubringen ...

Mord an „Hexen“ bzw. „Zauberinnen“
Exodus = 2. Mose 22, 17:

Eine Hexe sollst du nicht am Leben lassen.
(Einheitsübersetzung)

Die Zauberinnen sollst du nicht am Leben lassen.
(Übersetzung nach Luther)

Steinigung im Falle von „Gotteslästerung“
Levitikus = 3. Mose 24,16:

Wer des HERRN Namen lästert, der soll des Todes sterben;
die ganze Gemeinde soll ihn steinigen.
Ob Fremdling oder Einheimischer,
wer den Namen lästert, soll sterben.

Steinigung von widerspenstigen Söhnen
Deuteronomium = 5. Mose 21, 18-21:     

Wenn ein Mann einen störrischen und widerspenstigen Sohn hat, der nicht auf die Stimme seines Vaters und seiner Mutter hört, und wenn sie ihn züchtigen und er trotzdem nicht auf sie hört,

dann sollen Vater und Mutter ihn packen, vor die Ältesten der Stadt und die Torversammlung des Ortes führen

 und zu den Ältesten der Stadt sagen: Unser Sohn hier ist störrisch und widerspenstig, er hört nicht auf unsere Stimme, er ist ein Verschwender und Trinker.

Dann sollen alle Männer der Stadt ihn steinigen, und er soll sterben.

Und eine weitere Verletzung von einem wichtigen Menschenrecht:
Beschneidung von wehrlosen Säuglingen

sowie von – vermutlich kaum weniger wehrlosem – Gesinde
1. Mose 17, Übersetzung nach Luther:    

9 Und Gott sprach zu Abraham: So haltet nun meinen Bund,
du und deine Nachkommen von Geschlecht zu Geschlecht.

10 Das aber ist mein Bund, den ihr halten sollt zwischen mir und euch
und deinem Geschlecht nach dir: Alles, was männlich ist unter euch,
soll beschnitten werden;

11 eure Vorhaut sollt ihr beschneiden.
das soll das Zeichen sein des Bundes zwischen mir und euch.

12 Jedes Knäblein, wenn's acht Tage alt ist, sollt ihr beschneiden
bei euren Nachkommen.
Desgleichen auch alles, was an Gesinde im Hause geboren oder was gekauft ist von irgendwelchen Fremden, die nicht aus eurem Geschlecht sind..


Die Todesstrafe für allerlei Arten von unerwünschtem Sexualverhalten,
z. B. Ehebruch, Inzest, homosexueller Verkehr unter Männern,
Verkehr mit Tieren, Verkehr mit einer Menstruierenden,
Verlust der Jungfräulichkeit im Vaterhaus
fordert die Bibel
im Buch Levitikus = 3. Mose im 20. Kapitel, z. B.:

10 Ein Mann, der mit der Frau seines Nächsten die Ehe bricht,
wird mit dem Tod bestraft, der Ehebrecher samt der Ehebrecherin.

13 Schläft einer mit einem Mann, wie man mit einer Frau schläft, dann haben sie eine Gräueltat begangen; beide werden mit dem Tod bestraft; ihr Blut soll auf sie kommen.

sowie im Buch Deuteronomium = 5. Mose im 22. Kapitel, z. B.:

13 Wenn ein Mann eine Frau geheiratet und mit ihr Verkehr gehabt hat ... und behauptet: Diese Frau habe ich geheiratet, aber als ich mich
ihr näherte, entdeckte ich, dass sie nicht mehr unberührt war!,

...

20 Wenn der Vorwurf aber zutrifft, wenn sich keine Beweisstücke
für die Unberührtheit des Mädchens beibringen lassen,

21 soll man das Mädchen hinausführen und vor die Tür ihres Vaterhauses bringen. Dann sollen die Männer ihrer Stadt sie steinigen
und sie soll sterben; denn sie hat eine Schandtat in Israel begangen,
indem sie in ihrem Vaterhaus Unzucht trieb.
Du sollst das Böse aus deiner Mitte wegschaffen.

Strafen von Gott –
maßlos, grausam und ungerecht

Eine Strafe kann nur dann gerecht sein,
wenn sie einen Schuldigen trifft,
nicht aber, wenn sie einen Unschuldigen trifft.

Eine Selbstverständlichkeit?
Nicht für den Gott der Bibel.
Bei der Verkündung seiner 10 Gebote,
also an einer der wichtigsten Stellen der Bibel,
kündigt dieser Gott an,
er werde nicht nur die Schuldigen bestrafen,
sondern auch ihre unschuldigen Nachkommen:

Sippenhaft
Exodus = 2. Mose 20, 5-6:

Du sollst dich nicht vor anderen Göttern niederwerfen
und dich nicht verpflichten, ihnen zu dienen.
Denn ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott:
Bei denen, die mir feind sind,
verfolge ich die Schuld der Väter an den Söhnen,
an der dritten und vierten Generation;

bei denen, die mich lieben und auf meine Gebote achten,
erweise ich Tausenden meine Huld.

Im „Kleinen Katechismus Dr. Martin Luthers“ wird noch deutlicher
eine Parallele hergestellt:

Ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifriger Gott,
der über die, so mich hassen,
die Sünde der Väter heimsucht an den Kindern
bis ins dritte und vierte Glied;
aber denen, so mich lieben und meine Gebote halten,
tue ich wohl bis ins tausendste Glied.

Ich erinnere mich noch, wie in meinem Konfirmandenunterricht
(ca. 1962-1964)
ein so offensichtliches Unrecht präsentiert wurde,
und keiner schien es zu merken,
weder der Pastor noch seine Konfirmanden in spe;
auch ich nicht, wie ich zu meinem Bedauern gestehen muss.

Anscheinend war es gelungen, den Eindruck zu erwecken,
als würde das Ausmaß der Bestrafung,
das sogar Nachkommen einbezieht,
kompensiert, ja mehr als kompensiert
durch das noch weit größere Ausmaß der Belohnung,
das noch weit mehr Nachkommen einbezieht.

Das ist natürlich Unsinn.
Denn für die Betroffenen der Bestrafung,
für die Nachkommen von Sündern,
gibt es nur die Bestrafung
und überhaupt keine Kompensation.

Der Gott des Alten Testaments
liquidiert Menschen in großer Zahl, ganze Kollektive

Das Alte Testament erzählt eine Reihe solcher Geschichten.

Die Sintflut

Es ist eine der größten Katastrophen, von denen die Bibel erzählt:
Nahezu die gesamte Menschheit soll den Tod gefunden haben
in einer großen Flut, die der Gott der Bibel
eigens zu diesem Zweck über die Erde gebracht haben soll.

Warum?
Genesis = 1. Mose 6, 5-8, Übersetzung nach Luther:

Als aber der Herr sah, dass der Menschen Bosheit groß war auf Erden und alles Dichten und Trachten ihres Herzens nur böse war immerdar,

da reute es ihn, dass er die Menschen gemacht hatte auf Erden, und es bekümmerte ihn in seinem Herzen,

und er sprach: Ich will die Menschen, die ich geschaffen habe, vertilgen von der Erde, vom Menschen an bis hin zum Vieh und bis zum Gewürm und bis zu den Vögeln unter dem Himmel; ...

Aber Noah fand Gnade vor dem Herrn.

Es ist paradox:
Dieser Gott soll „bekümmert“ gewesen sein
über die „Bosheit“ der Menschen –
und daraufhin soll er selbst eine todbringende Flut geschickt haben,
folgenschwerer
als alle bösen Taten der damaligen Menschen zusammengenommen.

Eine Geschichte von äußerster Grausamkeit.
Merkwürdig ist, wie wenig das vielen Christen zu Bewusstsein kommt;
wie sonst könnten sie das für eine Geschichte halten,
die sie getrost schon kleinen Kindern erzählen könnten?

Ebenso wenig scheint es vielen Christen aufzufallen,
dass diese todbringende Flut
keinesfalls als „gerechte und verdiente Strafe“ erklärt werden kann.
Das wäre die Sintflut
nicht einmal nach jenem bescheidenen Prinzip von Gerechtigkeit,
das da lautet: „Auge um Auge, Zahn um Zahn, Leben um Leben.“
Schon danach
kann der Tod durch Ertrinken
allenfalls dann als eine gerechte und verdiente Strafe angesehen werden,
wenn sie jemanden trifft, der einen Mord begangen hat
oder ein ähnlich schweres Verbrechen, z. B. Beginn eines Angriffskriegs.

Nahezu die gesamte Menschheit durch Ertränken kollektiv zu bestrafen,
das kann nicht gerecht sein.

Ungerecht und unverdient ist diese „Strafe“
nicht nur gegenüber den unschuldigen, ja unbeteiligten Kindern.
Ungerecht und unverdient ist diese „Strafe“
gegenüber den meisten Menschen,
selbst wenn sie das eine oder andere getan haben, was Strafe verdient.

Ungerecht
ist nicht nur eine „Bestrafung“ von Unschuldigen,
sondern auch eine exzessive Bestrafung,
die in keinem Verhältnis steht zur Schuld.


„Was soll die Aufregung?“, könnte nun jemand fragen.
„Die Sintflut ist doch kein historisches Faktum!“

Das ist mir natürlich bekannt.
Trotzdem finde ich es aufschlussreich,
wie die Bibel diese fiktiven Begebenheiten darstellt:
als wäre nichts daran auszusetzen,
wenn ein Gott so grausam handelt und so ungerecht.
Das gibt Aufschluss über die Bewertungsmaßstäbe der Bibel,
die Bewertungsmaßstäbe eines realen und heute noch einflussreichen Buches.

Sodom und Gomorra

„Schwere Sünden“ sollen in diesen Städten begangen worden sein
(Genesis = 1. Mose 18, 20) –
und wieder soll der Gott der Bibel den Tod
über viele Menschen gebracht haben,
über Unschuldige wie über Schuldige, über ganze Städte.
Genesis = 1. Mose 19, 24-25:

Da ließ der Herr Schwefel und Feuer regnen vom Himmel herab auf Sodom und Gomorra

und vernichtete die Städte und die ganze Gegend und alle Einwohner der Städte und was auf dem Lande gewachsen war.

Die letzte der ägyptischen Plagen

Unschuldige, ja Unbeteiligte in großer Zahl
soll der Gott der Bibel in Ägypten erschlagen haben,
nachdem der Pharao dem Volk Israel die Erlaubnis verweigert hatte,
aus Ägypten fortzuziehen und sein Vieh mitzunehmen.
Exodus = 2. Mose 12, 29:

Und zur Mitternacht schlug der Herr alle Erstgeburt in Ägyptenland vom ersten Sohn des Pharao an, der auf seinem Thron saß, bis zum ersten Sohn des Gefangenen im Gefängnis und alle Erstgeburt des Viehs.

Wie es dazu kam?
Exodus = 2. Mose 7, 1-5:

1 Der Herr sprach zu Mose: ...

2 ... der Pharao muss die Israeliten aus seinem Land fortziehen lassen.

3 Ich aber will das Herz des Pharao verhärten, und dann werde ich meine Zeichen und Wunder in Ägypten häufen.

4 Der Pharao wird nicht auf euch hören. Deshalb werde ich meine Hand auf Ägypten legen und unter gewaltigem Strafgericht meine Scharen, mein Volk, die Israeliten, aus Ägypten führen.

5 Erst wenn ich meine Hand gegen die Ägypter ausstrecke, werden sie erkennen, dass ich der Herr bin, ...

Dieser Gott „straft“ also für ein Verhalten,
das er selbst herbeigeführt hat?
Eine Willkür, die ihresgleichen sucht.

Auch im Neuen Testament ...

... wird eine kollektive Bestrafung von ganzen Städten angedroht.
Matthäus 11, 20-22:

Dann begann er den Städten, in denen er die meisten Wunder getan hatte, Vorwürfe zu machen, weil sie sich nicht bekehrt hatten:

Weh dir, Chorazin! Weh dir, Betsaida! Wenn einst in Tyrus und Sidon die Wunder geschehen wären, die bei euch geschehen sind – man hätte dort in Sack und Asche Buße getan.

Ja, das sage ich euch: Tyrus und Sidon wird es am Tag des Gerichts nicht so schlimm ergehen wie euch.

Ungerecht ist das aus zwei Gründen:
erstens wegen der Kollektivstrafe,
zweitens,
weil
es überhaupt kein Unrecht ist,
einem bestimmten religiösen Führer nicht zu folgen.

„... wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden.“
heißt es im Markus-Evangelium 16, 16.

Auch als individuelle Strafe ist das ungerecht,
weil es kein Unrecht ist, einen religiösen Glauben nicht zu teilen.

... der Lohn der Sünde ist der Tod ...
heißt es im Brief des Paulus an die Römer 6, 23.

Der Tod von Menschen,
insbesondere ein gewaltsamer oder sehr früher Tod,
wird auch im Alten Testament
in bestimmten Fällen als Strafe Gottes gedeutet.

Paulus jedoch deutet jeden Tod,
auch den unvermeidlichen Tod nach einem langen Leben,
als Folge der Sünde.
Römer 5, 12-14:

12 Durch einen einzigen Menschen kam die Sünde in die Welt und durch die Sünde der Tod, und auf diese Weise gelangte der Tod zu allen Menschen, weil alle sündigten.

... 14 herrschte der Tod von Adam bis Mose auch über die, welche nicht wie Adam durch Übertreten eines Gebots gesündigt hatten ...

Solange man davon ausgeht, dass dem Menschen von vornherein
nur ein Leben von begrenzter Dauer beschieden sei,
dann erscheint der Tod einfach als die unvermeidliche Konsequenz.

Geht man jedoch, wie Paulus, davon aus,
dass der Tod eine göttliche Vergeltung für die Sünde sei,
dann stellt sich die Frage:
„Ist das gerecht? Haben die Menschen den Tod verdient?
Alle Menschen?“

Mit Ja antworten kann da nur, wer von Gerechtigkeit
einigermaßen befremdliche Vorstellungen hat.
Vorstellungen, wie sie unter dem Einfluss der Bibel entstehen.

Prädestination: „... macht verstockt, wen er will“

Dass der Gott der Bibel „straft“ für etwas,
was er selbst herbeigeführt hat,
das hat Paulus zu einer Lehre entwickelt,
die bekannt wurde als die Lehre von der „Prädestination“.
Römer 9, 16-18:

16 Also kommt es nicht auf das Wollen und Streben des Menschen an, sondern auf das Erbarmen Gottes. ...

18 Er erbarmt sich also, wessen er will, und macht verstockt, wen er will.

Dass das ungerecht ist, dieser Einwand war Paulus bekannt.
Römer 9, 19:

19 Nun wirst du einwenden: Wie kann er dann noch anklagen, wenn niemand seinem Willen zu widerstehen vermag?

Aber statt sich damit auseinanderzusetzen,
reagierte Paulus mit dem Vorwurf der Anmaßung.
Römer 9, 20-21:

20 Wer bist du denn, dass du als Mensch mit Gott rechten willst? Sagt etwa das Werk zu dem, der es geschaffen hat: Warum hast du mich so gemacht?

21 Ist nicht vielmehr der Töpfer Herr über den Ton? Kann er nicht aus derselben Masse ein Gefäß herstellen für Reines, ein anderes für Unreines?

Für diese Willkür des biblischen Gottes
finden einige Bibel-Übersetzungen nach Luther
eine wohlklingende Überschrift:
„Gottes freie Gnadenwahl“.

Die Hölle – ewige Folter

„... dass jeder Mensch von Gott bedingungslos angenommen ist.“

Nein, das sind nicht die Worte des biblischen Jesus.
Es sind Worte
des Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD),
Manfred Kock 2.

Jesus predigte etwas anderes.
Matthäus 7, 13-14:

Geht durch das enge Tor! Denn das Tor ist weit, das ins Verderben führt, und der Weg dahin ist breit, und viele gehen auf ihm.

Aber das Tor, das zum Leben führt, ist eng, und der Weg dahin ist schmal, und nur wenige finden ihn.

Wie das angedrohte „Verderben“ (auch: die „Verdammnis“) aussieht,
das wird Jesus nicht müde zu verkünden:
ewiges Feuer.

Markus 9, 42-43, in die Hölle, in das Feuer, das nie verlöscht“;
Matthäus 25, 41: in das ewige Feuer...!“;
Matthäus 25, 46:
ewige Strafe“;
Matthäus 13, 41-42:
in den Ofen ..., in dem das Feuer brennt. 
                                     ... heulen und mit den Zähnen knirschen“

Ewige Folter durch Feuer 3
das ist eine Vergeltung, die an Grausamkeit kaum zu überbieten ist.

Der Psychologe Prof. Dr. Franz Buggle schreibt dazu
in seinem Buch „Denn sie wissen nicht, was sie glauben“,
S. 98 in einer älteren Ausgabe,
S. 120 f in der Ausgabe von 2004:

Jesus führt so eine für das Neue Testament spezifische Strafvorstellung ein, nämlich von der ewigen Höllenstrafe, eine Strafandrohung, deren unheilvolle, psychisch verheerende Wirkung in der Geschichte des Christentums auf unzählige Menschen gar nicht übertrieben werden kann.

... es gibt kaum ein anderes psychologisches Phänomen wie dasjenige der Drohung mit ewig dauernden Qualen, das so sehr den Namen psychischen Terrors verdiente!

So grausam die ewige Folter ist,
so ungerecht ist sie.
Nicht einmal gegenüber den schlimmsten Verbrechern
wäre eine ewige Strafe gerecht.
Eine gerechte Strafe für eine endliche Schuld
kann nur eine endliche Strafe sein.
Selbst ein Hitler
hätte spätestens nach einigen Milliarden Jahren
jede auch nur einigermaßen gerechte Strafe abgebüßt.

Trotz all dieser kaum zu überbietenden Grausamkeit und Ungerechtigkeit
gegen viele Menschen
lehrt die biblisch-christliche Religion ihre Anhänger,
ihren Gott für gütig und gerecht zu halten.
Und trotz seiner Grausamkeit und Ungerechtigkeit
gegenüber dem eigenen Sohn.

„Welcher auch seines eigenen Sohnes
nicht hat verschont ...“

Es ist das zentrale Dogma der traditionellen christlichen Religion:

Gott habe einen Unschuldigen,
noch dazu den eigenen Sohn,
wegen des Verhaltens von anderen Menschen
grausam am Kreuz zu Tode foltern lassen.

Christen von heute mögen den Kreuzestod Jesu anders deuten,
aber in der Bibel, im Neuen Testament, steht es genau so:

Römer 3, 25,
Übersetzung nach Luther 1964:

Den hat Gott für den Glauben hingestellt
in seinem Blut als Sühnopfer,
damit Gott erweise seine Gerechtigkeit. ...

Römer 5, 8-10,
Übersetzung nach Luther 1984:

Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin,
dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren.

Um wie viel mehr werden wir nun durch ihn bewahrt werden
vor dem Zorn,
nachdem wir jetzt durch sein Blut gerecht geworden sind!

Denn wenn wir mit Gott versöhnt worden sind
durch den Tod seines Sohnes, als wir noch Feinde waren,
um wie viel mehr werden wir selig werden durch sein Leben,
nachdem wir nun versöhnt sind.

Römer 8, 32,
Übersetzung nach Luther 1930:

Welcher auch seines eigenen Sohnes nicht hat verschont,
sondern hat ihn für uns alle dahingegeben;
wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken?

Hier appelliert Paulus an große Emotionen:
Dankbarkeit für ein so außerordentliches Geschenk,
staunende Ehrfurcht vor dieser unermesslichen Güte.
Darüber vergisst manch ein Christ,
ein paar einfache und naheliegende Fragen zu stellen:

–  War das denn nötig?
–  War es denn wirklich gerecht?
–  War es wirklich gütig?
–  War es wirklich ein Erweis der Liebe?

Nötig war es gewiss nicht.
Wenn dieser Gott gewollt hätte,
dann hätte er den Menschen Versöhnung anbieten
und ihnen die ewige Seligkeit schenken können.
Was hätte einen allmächtigen Gott daran hindern können,
das einfach zu tun?
Was hätte ihn zwingen können,
zuvor seinen Sohn an Folterknechte und Henker auszuliefern?

Gerecht war es auch nicht.
Die „Bestrafung“ eines Unschuldigen ist nicht gerecht,
sie ist nur neues Unrecht.

Und gütig?
Wie könnte ein Gott von unermesslicher Güte
sich von seinem Zorn so weit hinreißen lassen,
dass Blut fließen muss, um ihn zu versöhnen,
und sei es das Blut eines Unschuldigen,
ja sei es das Blut des eigenen Sohnes?
Einem solchen Gott könnte man nicht nur ein hohes Maß
an Grausamkeit und Ungerechtigkeit attestieren,
sondern auch einen beklagenswerten Mangel an Selbstbeherrschung.

Ein solcher Gott könnte Furcht einflößend sein,
Respekt gebietend wäre er nicht.
Er erinnert an einen Vater,
der sich über seine jüngeren Kinder geärgert hat
und sich erst dann in der Lage sieht, ihnen wieder gut zu sein,
wenn er zuvor seinen unschuldigen Ältesten verprügelt hat.
Eine absurde Vorstellung?
Nicht absurder als das,
was die Bibel über Gott und seinen Zorn verkündet.

Absurd ist auch die Vorstellung, dass ein Gott versöhnt werden könnte
dadurch, dass sein eigener Sohn zu Tode gefoltert wird.
Verständlich wäre, wenn er darüber erst recht in Zorn geriete.
Die Bibel aber lehrt,
ihr Gott sei nicht nur dadurch versöhnt worden,
er habe es sogar so gewollt und dafür gesorgt, dass es so geschieht.
Kann man glauben, dass ein Gott, der bei Verstand ist,
sich so verhalten könnte?

Grausam und lieblos ist ein Gott,
der sich so verhält.
Grausam und lieblos gegenüber dem eigenen Sohn,
aber auch lieblos gegenüber den Menschen,
die er angeblich so liebt.

Denn einen solchen „Erweis der Liebe Gottes“
hätte kein anständiger Mensch sich gewünscht.
Wenn dieser Gott die Menschen wirklich geliebt hätte,
dann hätte er ihnen einfach die Hand zur Versöhnung reichen können.
Ohne zuvor seinem Sohn etwas so Grauenvolles anzutun,
was jedem anständigen Menschen Kummer bereiten würde
und – wenn er sich dafür verantwortlich fühlt – quälende Schuldgefühle.

Gerade im zentralen Dogma der Bibel,
der Erlösung durch den Kreuzestod Jesu,
erweist sich der Gott der Bibel als grausam und ungerecht.

Allmacht Gottes – das „Theodizee-Problem

„Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen ...“,
so beginnt das Apostolische Glaubensbekenntnis,
eines der ältesten christlichen Glaubensbekenntnisse,
das allen christlichen Kirchen gemeinsam ist.

Auch in der Bibel findet sich die Lehre von der Allmacht Gottes.
Psalm 135, 6:

Alles, was dem Herrn gefällt, vollbringt er, im Himmel, auf der Erde, in den Meeren, in allen Tiefen.

Aus dem Glauben an einen allmächtigen Gott
entsteht für die Gläubigen das „Theodizee-Problem“:

Warum hilft Gott nicht den Leidenden? Ist er nicht gütig?

Diese Frage hat viele Christen beschäftigt.
Dabei haben viele versucht,
die naheliegende Konsequenz zu vermeiden:
nämlich dass an der Vorstellung,
es gebe einen allmächtigen und zugleich gütigen Gott,
irgend etwas falsch sein muss.

Bei dem Versuch, diese Konsequenz zu vermeiden,
sind Christen auf die unterschiedlichsten Ideen verfallen.

Eine davon besteht darin,
die vermeintliche Gerechtigkeit Gottes
gegen die ihm nachgesagte Güte auszuspielen,
also die Leiden der Menschen als „gerechte Strafe“ zu erklären.

Eine unhaltbare Erklärung.
Menschen, die von Geburt an unter heftigen Schmerzen leiden,
haben überhaupt nichts getan, womit sie das verdient haben könnten.
Menschen, deren Leidenszeit erst später beginnt,
haben vielleicht das eine oder andere getan, was Strafe verdient;
aber das unerträgliche Leiden, von dem einige betroffen sind,
steht bei den meisten von ihnen in keinem Verhältnis zu ihrer Schuld.

Ein Gott, der dennoch unerträgliches Leiden als „Strafe“ verhängt,
müsste ebenso ungerecht sein wie grausam.

 
mehr zum Theodizee-Problem

mehr zur Bibelkritik in Athpedia4
 

Wie gehen Christen
mit all diesen Inhalten der Bibel um?

Eine Antwort versuche ich im 2. Teil dieses Aufsatzes.

Braunschweig, den 15. Dezember 2004

Irene Nickel 

Buchtipp:

Franz Buggle,
„Denn sie wissen nicht, was sie glauben.
Oder warum man redlicherweise nicht mehr Christ sein kann.“
In diesem Buch legt Professor Franz Buggle dar,
warum er die Bibel für ein inhumanes Buch hält.
Dazu habe ich eine Rezension Disclaimer geschrieben.

   
1 Nach neueren Forschungsergebnissen gibt es erhebliche Diskrepanzen
  zwischen den angeführten Erzählungen aus dem Alten Testament
  und der historischen Realität.
  Historische Realität ist allerdings,
  dass Menschen diese Erzählungen geschrieben haben,
  und dass diese Menschen die dort beschriebenen Massenmorde
  gebilligt haben.

2 Manfred Kock Disclaimer, zitiert von einer Seite der EKD,
kopiert am 25.11.2004.

3 Ewiges Feuer“, und auch „ewige Strafe“,
heißt es in den gängigen deutschen Bibelübersetzungen,
beispielsweise in der Einheitsübersetzung,
in der Übersetzung nach Luther und in der Elberfelder Übersetzung.
Daran halte ich mich hier,
ohne näher auf die gelegentlich aufgeworfene Frage einzugehen,
ob „ewig“ die richtige Übersetzung
für das Wort αιωνιον (aionion) im altgriechischen Text ist.
Es ist die Übersetzung,
die dem deutschsprachigen Leser
in seiner Bibel begegnet
und entscheidend dafür ist, wie er den Text versteht –
entscheidend für die Wirkungen, die von dem Text auf ihn ausgehen.
Und auf die Wirkungen der Bibeltexte kommt es mir hier an.

4 Bibelkritik Disclaimer in Athpedia, der säkularen Enzyklopädie

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